Auswärtssieg! Einer von der schönen Sorte, mit vielen Aufs und Abs, mit einer langen Anlaufzeit und einer ganz neuen Erfahrung für mich.
Dazu ist St. Pauli wieder zurück im Aufstiegsgeschäft. Wenn man es jetzt schaffen würde, eine Serie zu starten... Die Geschichte des Ausfluges in das schöne Örtchen nahe Heidelberg beginnt
aber noch ein wenig früher, schauen wir deshalb einmal kurz zurück:
“In Sandhausen kann man mal gewinnen“ war das von Professor Wolff ausgerufene Motto für die Fahrt. Erlebnisorientiert wie man als junger Student nun mal so ist, dachte ich mir: Fährste hin,
guckste zu, hoffentlich wird’s kein 4:1 wie letztes Jahr.
So weit, so gut. In die Blaubärenliste eingetragen hatte ich mich schon, nun war nur das Hinkommen ein Problem. Eine gemütliche Zugfahrt schied aus, sowohl aus kosten- als auch aus
Zeitgründen.
So hatte ich eigentlich auf Siggis Kutter anheuern wollen, der war aber, wie ich dann leider recht kurzfristig erfuhr, schon voll besetzt.
Was blieb also, wenn man kein eigenes Auto besitzt? Klar, das St. Pauli-Forum. Und wie es der Zufall wollte, bot dort ein gewisser Papa von Ole eine Mitfahrgelegenheit von Frechen aus an. Sogar
Tobi, der sogar schon eine Karte besaß, konnte ich noch einen Platz besorgen.
Und als wäre das nicht genug, bekam ich von genau diesem Vater das Angebot, den Basisstpauli-Liveticker vor Ort zu übernehmen. Dass ich über dieses Angebot nicht zweimal nachdenken brauchte,
versteht sich von selbst.
So fand ich mich also pünktlich um kurz nach 9 Uhr morgens zusammen mit Tobi am Bahnhof in Frechen ein. Dort stand dann auch schon unsere Mitfahrgelegenheit in Person von Til bereit, und nach einem kurzen Zwischenstopp war unser bunt gemischter Haufen auf dem Weg nach Baden-Würtemberg. Am Bahnhof in Mannheim wartete dann noch Wolf vom AFM-Radio auf uns, von dort aus war es nur noch ein kurzes Stück bis nach Sandhausen. Schnell noch die Akkreditierungen für die Presse abgeholt und los ging es ins Hartwaldstadion, mitten im Wald gelegen, ein wirklich schnuckeliges, kleines Stadion.
Für Til, Wolf und mich ging es dann auch schon zügig in Richtung Pressetribüne, unsere Mannschaft kam zeitgleich mit uns an. Ein erstes kleines Highlight, die Spieler mal aus allernächster Nähe
zu sehen. Die Zeit bis zum Anpfiff verging schnell: Im Presseraum konnte man sich mit Schnittchen und Getränken versorgen und die Startaufstellung begutachten, auf den Plätzen selbst
(ausgezeichnete Sicht - auch mal nett) wurde von meinen beiden Kollegen routiniert die Technik in Gang gebracht. Ich selbst bekam ein Smartphone inklusive Kopfhörern und Mikro zur Verfügung
gestellt, meine Aufgabe würde es während der nun folgenden 90 Minuten sein, dass Spiel live zu kommentieren während am anderen Ende in Hamburg der Ticker direkt in den PC getippt wurde. Die
Leitung stand, das Spiel konnte beginnen.
Die St. Pauli-Fans brachten ihren Tribünenteil zum rauchen, ein bunter Mix aus allen möglichen Farben wehte über das Spielfeld, der Anpfiff ertönte und ich nahm parallel zu den Radiomoderatoren
neben mir meine Arbeit auf.
Während ich mir eifrig den Mund trocken redete, vermochte das Geschehen auf dem Platz in den ersten 45 Minuten nicht so recht zu überzeugen: St. Pauli hatte deutlich mehr Spielanteile, versuchte
geduldig aufzubauen, hatte jedoch selten Ideen gegen die sehr kompakten Hausherren. Die Sandhäuser wiederum lauerten auf Konter nach Ballgewinnen, die Boys in Brown ließen jedoch ihrerseits sehr
wenig zu. Einzig Halstenberg hatte nach 36 Minuten eine gute Chance nach langem Pass nach vorne in die Schnittstelle, es fehlten nur Zentimeter um den Ball vernünftig anzunehmen und eine gute
Möglichkeit zu kreieren.
In der Halbzeitpause schaffte ich es gerade so, mir etwas zu trinken zu besorgen, Glasflaschen waren aus irgendeinem Grund auch auf der Pressetribüne nicht erwünscht und so saß ich gerade pünktlich zum Wiederanpfiff auf meinem Platz.
5 Minuten war die zweite Hälfte alt, als Maier der Ball im Mittelfeld zu weit vom Fuß Sprang. Sandhausen schaltete schnell um, Linsmayer bediente auf halblinks Blum, der zog sofort ab und beförderte den Ball satt ins rechte Eck (50.). Während es um mich herum Laut wurde und eifrig die ausgeteilten Klatschpappen in Bewegung gebracht wurden, wurden böse Erinnerungen an ein gewisses Spiel von letzter Saison wach. Doch ehe ich mich darüber groß den Kopf zerbrechen konnte trat Maier zum Freistoß an. Rein das Ding in den Sechzehner, Gonther per Kopf – Riemann hält. Gonther nochmal per Kopf – drin das Ding(55.)! Nun war es an Til, Wolf und mir zu jubeln während der Großteil der Haupttribüne eher sparsam aus der Wäsche guckte.
Nun nahm das Spiel ordentlich Fahrt auf: Tschauner hielt klasse gegen Tüting, der den Keeper der Braun-Weißen erst per Distanzschuss und bei der im Anschluss folgenden Ecke mit einer Art
Fallrückzieher prüfte (64.).
20 Minuten vor Ende des Spiels gab es dann Abstoß für St. Pauli: Tschauner spielte den sich anbietenden Kalla kurz an, dessen erster Ballkontakt den Ball unbeabsichtigt weit von seinem Fuß
entfernte. Von zwei Sandhäusern unter Druck gesetzt, entschloss sich der Kapitän zu einem Rückpass zum Keeper, der aber völlig misslang. Adler sagte danke und besorgte aus kürzester Distanz die
erneute Führung.
Doch dieser Treffer schien ähnlich wie gegen Fürth einen positiven Effekt auf die Gäste aus Hamburg zu haben. Es dauerte keine 6 Minuten, da kombinierte sich St. Pauli durch die Hälfte der Gastgeber. Halstenberg mit viel Platz und Übersicht sah den heranrauschenden Schachten, die Flanke kam perfekt an den zweiten Pfosten und dieser Sebastian Schachten, schon gegen Fürth Torschütze, nahm das Ding Volley und haute die Kirsche ins rechte Eck (76). Die Freude war kaum abgeklungen, da folgte schon der nächste tolle Pass in die Spitze auf den eingewechselten Gregoritsch. Der drang über rechts in den Strafraum ein und flankte – genau auf einen Abwehrspieler. Doch Rzwatkowski nahm den Ball an, ließ einen Gegenspieler ins Leere laufen nur um dann den Ball im Fallen irgendwie perfekt rechts unten im Eck unterzubringen (78.). Jubel, Ekstase auf den Rängen. Unser Geschrei muss auf das Sandhäuser Haupttribünenpublikum vermutlich einigermaßen verstörend gewirkt haben, aber mir war‘s egal. Der Auswärtssieg war nun greifbar nahe. Es folgte eine Viertelstunde bangen, hoffen, zittern – und dann Erleichterung!
Mit einem ausgetrockneten Mund, aber glücklich traten wir die Heimreise an. Bis auf eine unfreiwillig lange Pause an einer Raststätte verursacht durch Polizeibeamten auf der Suche nach unter Drogeneinfluss stehenden Fußballfans verlief die Fahrt ereignisarm, glücklich und zufrieden gelangten wir in die Heimat.
Meine Tätigkeit für den Basisstpauli-Liveticker war nur ein weiterer Beleg dafür, dass ich mir sehr gut vorstellen kann, mit so etwas später meine Brötchen zu verdienen. Ich habe mir geschworen, dass das nicht das letzte Mal war, dass ich auf der Pressetribüne Platz genommen habe.
Topspiel heißt es jetzt also am Freitag gegen Kaiserslautern, die gehörig unter Druck stehen. Nur ein Sieg in Hamburg dürfte eine theoretische Chance auf die Relegation erhalten. Ganz anders die
Situation bei St. Pauli: Wir sind wieder dran, Paderborn und Fürth nehmen sich auf jeden Fall noch einmal Gegenseitig die Punkte weg, weitere Patzer noch nicht mit eigerechnet. Wie eingangs
erwähnt: Eine Siegesserie muss her, will man den Traum vom Aufstieg noch weiter Träumen. Heimspiel, Millerntor, Flutlicht ist angesagt. Auf geht’s, Jungs!
Forza Blaubären! Allez Braun-Weiß!
Tim H.
Kommentar schreiben