SV SANDHAUSES - FCSP.

Ich bin ein Langschläfer. Jemand, der gerne im Bett bleibt während andere schon ihren zweiten Kaffee getrunken haben. Und das führt bisweilen dazu, dass ich Probleme damit habe, früh aufzustehen. Doch an diesem Samstag, 7.2, ist das anders. Das Aufstehen geht federleicht, fast wie von selbst von der Hand und der Grund dafür zaubert ein Grinsen aus kindlicher Vorfreude auf mein Gesicht. Die Winterpause ist endlich vorbei! Und es geht direkt auf Auswärtstour, ab ins schöne Sandhausen. Dieses kribbeln im Bauch, diese Mischung zwischen Spannung und Erwartung, zwischen diffuser Angst und großer Hoffnung, das kann nur der Verein erzeugen, dem mein Herz gehört.

Einen Kaffee und ein paar Brötchen später sitze ich in der Bahn in richtung Frechen, wo mich meine Mitfahrgelegenheit abholt. Die Fahrt verläuft zügig, in Mannheim laden wir noch einen weiteren Mitfahrer und das Equipment für das AFM-Radio ein, pünktlich gelangen wir vor das gute alte Hardtwaldstadion. Seit meinem letzten Besuch vor einem Jahr hat sich dort eine Menge getan. Die flachen Betonstufen der Gegengerade sind mit einer Sitztribüne erweitert worden und der Gästebereich ähnelt jetzt nicht mehr so sehr einem Ecksofa sondern mehr einem kompakten Quadrat. Sogar der Sitzplatzbereich für die Gäste ist jetzt nicht mehr auf der genau Gegenüberliegenden Seite des Stadions sondern direkt daneben - auf so soll es sein! Da ich wieder für den Ticker der Basisstpauli arbeite kann ich mich noch im Pressebereich aufwärmen, einen Kaffee trinken, belegte Brötchen essen, schon ganz früh die Aufstellung erfahren und mich noch ein bisschen unter die anwesenden Journalisten mischen.

Und ehe ich es so richtig fassen kann beginnt das erste Auswärtsspiel in diesem Jahr, und die Mannschaft in den braunen Trikots erwischt einen guten Start. Die ersten 15, 20 Minuten sind gut, Budimir und Sobota haben gute Gelegenheiten, ein Tor fällt jedoch nicht. Und so entwickelt sich in der Folge ein Spiel, dass eher mäßig gut anzuschauen ist. Die Sandhäuser kommen besser ins Spiel und lassen weniger zu und auch wenn Himmelmann im Kasten erst tief in der zweiten hälftend das erste Mal zupacken muss, ist St. Pauli nicht drückend überlegen. Der eingewechselte Verhoek hat noch die beste Chance, kann die scharfe Hereingabe von links aber nicht verwerten. Auf der anderen Seite haben wir dann Glück, dass Wooten eine Volleyabnahme  am zweiten Pfosten über das Tor platziert. Am Ende steht so ein 0:0 zu Buche, das zwar kein Fehlstart ist, uns aber trotzdem auf Platz 18 abrutschen lässt. Wenig rosige Aussichten, auch wenn es im Tabellenkeller noch eng genug zugeht. Welche Erkenntnisse kann man also aus dem Spiel mitnehmen?

 

 

1.     Erkenntnis über die Torhüter

Robin Himmelmann wird, solange alles normal läuft, für den Rest der Rückrunde im Tor der Braun-Weißen stehen. Das ist eine Entscheidung mit der ich zufrieden bin. Ja, ich habe zusammen mit Tim S. noch vor allen anderen „Philipp Tschauner Fußballgott“ („DANKE!“ „BITTE!“)  gerufen, doch wenn ich an den Tag seiner schweren Verletzung denke, im Winter 2011, und diese Leistung bei diesem Grandiosen 2:0 gegen Eintracht Frankfurt eigentlich allen Einsätzen danach vergleiche, kann ich mich aus dem Stand an kein Spiel erinnern, was er wie damals für uns gewonnen hat. Tschauners offensichtliche fußballerische Defizite werden im Vergleich zu Himmelmann offensichtlich, seine Fähigkeiten auf der Linie können seine fehlende Klasse in anderen Bereichen nicht aufwiegen. Himmelmann ist der modernere weil mitspielende Torwart, sein Konkurrent hat entweder nicht genug an seinen Schwächen gearbeitet oder es mangelt ihm einfach schlicht an Talent. Das ist schade, weil der Herr mit der Nummer 13 in der kommenden Saison dann höchstwahrscheinlich nicht mehr bei St. Pauli spielt. Ich bin allerdings der Überzeugung, dass man mit Himmelmann im Kasten für die nächste Zeit auf der Torwartposition hervorragend besetzt ist.

 

2.     Erkenntnis über die Defensivleistung

Unsere Defensive kann auswärts zu null spielen! Und ja, das ist so schlimm, wie es sich anhört. Zum ersten Mal in dieser Saison durfte der Gegner kein einziges Mal jubeln, wenn St. Pauli zu Gast war. Und wer es nicht auf dem Schirm hat: Auswärts haben wir selbst noch keinen Dreier geholt, bei vier Unentschieden und sechs Niederlagen. Letzter wird man halt auch nicht einfach so. Die Defensivleistung von Sandhauser also muss die Basis sein für alle weiteren Spiele der Rückrunde. Und nicht umsonst ist "Defensivorganisation" eines von Ewald Lienens Lieblingswörtern. Wir sind leider zu torungefährlich als dass wir uns es leisten könnten, so viele Gegentore zu kassieren. Und das führt uns auch schon zu Erkenntnis Nummer Drei:

 

3.     Erkenntnis über die Offensivleistung

Eine Offensivleistung wie in Sandhausen genügt nicht, um an Spieltag 34 am rettenden Ufer zu stehen. So sehr ich Budimir mag und ihm alle Tore dieser Welt wünsche, so langsam muss er aufhören nachzudenken, wenn er frei vor dem Torwart steht und die Dinger einfach reinknallen. Ansonsten hat er nämlich wieder ein vernünftiges Spiel gemacht, aber letztendlich steht er symbolisch für unsere schwache Offensive und unsere Torungefahr.

 

4.      Erkenntnisse zu unseren neuen Spielern.

Julian Koch ist ein ziemlich guter Wintertransfer. Zeigt er immer das, was er gegen Sandhausen abgerufen hat, kann er zu einem der Eckpfeiler für einen gelungenen Klassenerhalt werden. Zweikampfstärke, Übersicht, gutes Passspiel: so muss ein Sechser sein. Interessant wäre zu sehen wie er sich in einer offensiveren Position schlägt, gegen Sandhausen hielt er sich zugunsten vom nicht ganz so starken Daube deutlich zurück. Der andere Neuzugang in der Startelf, Waldemar Sobota spielte nicht ganz so auffällig wie Koch. Ganz zu Beginn ließ er sein Tempo aufblitzen, in der Folge gelang ihm nicht mehr ganz so viel, zudem muss an der Feinabstimmung noch etwas gearbeitet werden, doch zumindest mit dem Mann hinter ihm, Sebastian Schachten, klappte es bereits recht gut.

 

 

 

Irgendwo auf Twitter habe ich gelesen, dass das Spiel in Sandhausen zum Sterben zu viel, aber zum Leben zu wenig gewesen sei. Letztendlich kann man das so unterschreiben. Wer nicht absteigen will, muss Tore schießen. Dennoch macht der Auftritt Mut im Hinblick auf das Spiel gegen Fürth am Rosenmontag. Bei denen ist momentan ziemlich der Wurm drin, vom Fürth der Hinrunde, das uns mit 3:0 abfertigte, ist nicht mehr allzu viel übrig geblieben. Ein Dreier ist demnach machbar und wäre unendlich wichtig. Je nachdem wie der Spieltag läuft, könnten wir mit einem Sieg mindestens auf den Relegationsplatz hüpfen, das würde sich rein optisch schonmal etwas besser machen, als ständig mit dieser roten Laterne in der Hand rum zu laufen. Es muss eines dieser Montagabendspiele werden, an die man sich nachher noch gerne erinnert. Der Rahmen dafür ist zumindest hier in Köln und Bonn gegeben, den Rosenmontag mit einem Heimdreier abzurunden - ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen!

 

 

Forza Blaubären! Allez Braun-Weiß!

 

 

Tim H.

 

 

 

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Sigi (Montag, 09 Februar 2015 22:56)

    Fein geschrieben.

  • #2

    PhilippR (Dienstag, 10 Februar 2015 07:50)

    Sehr fein!

  • #3

    W-Micha (Dienstag, 10 Februar 2015 14:40)

    Klasse, das Du Dich entschlossen hast, wieder Spielberichte zu verfassen.
    Wie immer - sehr lesenswert - DANKE dafür.